Mein Interview bei Frau, frei & über Fotografie

Über meinen Weg in die Selbstständigkeit & Fotografie

im Frau, frei & Interview

Die Bloggerin und Autorin Sandra von Frau, frei & bat mich um ein Interview. Ich habe mich irre gefreut und mich natürlich bereitwillig in wie-sie-es-schreibt meine „Opferrolle“ begeben und all ihre Fragen beantwortet.

Auf ihrem Blog schreiben FF& über Frauen und deren Selbstständigkeit. Judith, Sandra und Sophie bloggen rund um die Themen Selbstständigkeit, Bürokratie, Inspiration, Familie, interviewen interessante Frauen, und geben reichlich Tipps. Ein wirklich lesenswerter Blog, dem Ihr auch über facebook folgen könnt.

Im Interview verrate ich, wie ich zur Fotografie kam, warum ich mich auf People- und Businessfotografie spezialisiert habe, und wie der Werdegang dorthin war. Außerdem fragte mich Sandra nach meinen Weiterbildungen, nützlichen Tools, meinem Netzwerk, meiner Preisgestaltung und, und, und… Zum ganzen Interview mit Hintergrundgeschichten und bislang unveröffentlichten Details 😉 seht her und staunt: Fotografie? Dafür muss man auch ein „wenig verrückt sein“ Viel Spaß beim Lesen!

Ich danke Sandra für ihre Zeit und den schönen Ausflug in die Vergangenheit! Es ist schon spannend sich mal die Zeit zu nehmen, über alle Steps, die schon so hinter einem liegen, nachzudenken. Es hat wirklich Spaß gemacht und war mir eine Ehre!

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Fotografie? Dafür muss man auch ein „wenig verrückt sein“, verrät Andrea Lang im Interview

 

 

Erst kürzlich hat Sophie die Hamburger Fotografin Sabine Skiba interviewt. Ich habe es ihr gleich getan und mir auch eine selbstständige Fotografin aus der Hansestadt für ein Interview geschnappt. Mein „Opfer“: Andrea Lang, die bereits seit acht Jahren mit dem freiberuflichen Fotografieren Ihr Geld verdient.

Liebe Andrea, bitte erzähle uns doch wie es dazu kam, dass Du Dich 2008 als Fotografin selbstständig gemacht hast?

Als Kind habe ich in jeder freien Sekunde gemalt und gebastelt. Daher war auf jeden Fall klar, dass es etwas Kreatives werden sollte. Deshalb habe ich mein Fachabi in Grafik und Gestaltung gemacht, wobei mich die Praktika in Agenturen nicht überzeugten. Danach habe ich ein Praktikum bei einem Fotografen gemacht. Das war 1999, also bin ich jetzt schon – oh Gott, schwitz – 17 Jahre in der Fotografie.

Wie wird man überhaupt Fotografin? Ich nehme an, man muss dafür eine Ausbildung absolvieren, oder?

Es gibt verschiedene Wege Fotografin zu werden. Zum einen ist „Fotograf/in“ kein geschützter Berufstitel, was bedeutet, dass sich jeder, der gerne fotografiert und eine Kamera hat auch so nennen darf. Einige assistieren eine Weile und machen sich dann selbstständig, andere studieren Fotografie oder machen eine klassische Handwerksausbildung.

Ich habe mich für letzteres entschieden. Nachdem mir das Foto-Praktikum gefiel, informierte ich mich über den Beruf des Fotografen (damals übrigens noch über die dicken Akten des BIF und Kopien, anstatt über das Internet). Als ich heraus fand, dass es nur 15 Ausbildungsplätze in Hamburg gab, und die Ausbildungsvergütung die zweitgeringste der Handwerkskammer war, war mein Ehrgeiz geweckt, eben einen dieser wenigen Plätze zu bekommen. Hab ich dann auch. Man muss eben auch ein wenig verrückt dafür sein.

Du hast Dich auf die People- & Business-Fotografie spezialisiert. Warum? Reisefotografie –das fände ich ja spannend– wäre nicht in Frage gekommen?

Oh meine erste Printmappe (sprich das Portfolio, mit dem man sich vorstellt) war voller schöner Reisefotos! Klar hat es auch mich gereizt, gleich zwei meiner liebsten Hobbies und Leidenschaften miteinander zu verbinden. Das stellt man sich ja auch schön romantisch vor; man reist ein bißchen durch die Welt und kriegt auch noch Geld dafür!

Dann musste ich aber feststellen, dass es unfassbar viele und sehr gute, alt eingesessene Fotografen gibt, die bei den großen Magazinen schon Fuss gefasst hatten. Man muss dann realistisch sein und sich die Frage stellen, ob man sein ganzes Leben danach ausrichten will, und beispielsweise auch bereit wäre in Krisengebiete zu reisen. Damit war ich raus und habe mich auf mein nächstes, großes Interesse konzentriert – den Menschen.

Ich fotografiere ebenso gerne Kinder wie einen Manager. Denn hauptsächlich geht es mir darum, das Feingefühl zu entwickeln, zu spüren, was mein Gegenüber braucht, damit ein ungezwungenes, authentisches Foto entsteht. Eben diese Empathie sehe ich neben dem Auge als meine Stärke für ein gelungenes Portrait.

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Hast Du eigentlich so etwas wie Vorbilder? Also, gibt es Fotografen, deren Arbeit Du sehr schätzt?

Peter Lindbergh. Seine S/W-Fotos haben immer eine besondere Aussagekraft und Eindruck auf mich. Ausserdem hört man immer wieder von dem freundschaftlichen, sehr guten Umgang mit seinen Modellen. Qualität und Menschlichkeit sind genau die beiden Punkte, die auch mir wichtig sind.

Ein weiterer Fotograf, der mich kürzlich beeinflusst hat, ist August Sander. Inspiriert von der Fotoserie „Menschen des 20.Jahrhunderts“ habe ich im April in New York mit einem freien Fotoprojekt zum Thema „Altes Handwerk“ begonnen. August Sander stellte 1925 klassische Schwarz-Weiß-Portraits zu Gesellschaft und Berufsgruppen vor, deren Einfachheit mich beeindruckten. In diesem Stil möchte ich das „Alte Handwerk“ zeigen. Inhaber in ihrem Geschäft, klassische Berufe mit Leidenschaft und Profession. Einfach, inszeniert, im alten Stil. Die Serie wird ein Langzeitprojekt und eventuell mal in einer Ausstellung oder einem Buch veröffentlicht.

Wie wichtig ist eigentlich Weiterbildung für Deinen Beruf?

Weiterbildung ist ein sehr wichtiger Faktor. Nach meiner Ausbildung habe ich weitere 5 Jahre damit verbracht mein Wissen zu erweitern. Ich habe verschiedenen Fotografen in allen Foto-Genres assistiert und mich in Bildbearbeitung und Post Production weitergebildet.

Später habe ich als Digital Supporter und Post Producter auf internationalen Jobs gearbeitet. Das große Spektrum an unterschiedlichen Licht- Kamera- und Arbeitsweisen hilft mir heute noch bei unvorhergesehenen Situationen im Job.

Und Weiterbildung hört nie auf. Das fängt mit der immer fortschreitenden Technik und Bildbearbeitungsprogrammen an und hört mit Austausch, gemeinsamen Projekten mit Kollegen und Workshops auf.

Kommen wir zu einem bürokratischeren Thema: Wie bist Du krankenversichert – in der KSK? Wenn ja, wie bist Du dort reingekommen?

Ja genau, ich bin in der KSK und damit auch sehr glücklich. Die Mär, dass es unfassbar schwierig sei, existiert glaube ich noch aus früheren Zeiten. Ich selbst hatte keine Schwierigkeiten von Seiten der KSK und musste mich einfach nur anmelden und Arbeitsbeispiele einreichen.

Schwieriger fand ich im Vorwege, dass ich mir für die Anmeldung eine „Künstleranerkennung“ vom Finanzamt bescheinigen lassen sollte. Das Finanzamt aber diese Anerkennung von der KSK erwartete. Das war ein kleiner Rattenschwanz, aber nach einigen Telefonaten und diversen: „Dafür bin ich nicht zuständig – ich stelle Sie mal eben zu meinem Kollegen durch“ bekam ich irgendwann die Bescheinigung.

Das klingt in der Tat aufwändig. Auch an anderer Stelle hat man in der Selbstständigkeit mit Papierbergen zu kämpfen. Wie sieht es bei Dir aus? Wie viel Zeit musst Du wöchentlich für bürokratische Dinge aufwenden?

Wenn es nach mir ginge, zu viel! 😉 Die wöchentliche Zeit stoppe ich nicht. Für meine Buchhaltung habe ich kontinuierliche Termine, damit der Berg nicht zu groß wird. Natürlich verbringe ich viel Zeit mit Kostenvoranschlägen, Shooting- Vor- und Nachbereitung, Planung und Konzeptionen. Es wäre schön, wenn man weniger Zeit hinter dem Rechner und noch mehr hinter der Kamera verbringen könnte

Wie organisierst Du Dich selber? Gibt es Hilfsmittel oder Tools, die Du regelmäßig nutzt, um mehr Struktur in Deinen Alltag zu bringen oder um Dir die Arbeit zu erleichtern?

Ich organisiere mich manchmal mit etwas zu viel Disziplin! Ich könnte da wohl noch etwas nachlässiger und besser mit mir selbst umgehen. An Tools habe ich gerade Priority Matrix für mich entdeckt. Das ist ein super übersichtliches Prioritäten- und Planungstool, was als App und Desktopversion nach dem Eisenhower-Prinzip funktioniert. Das kann ich nur empfehlen. Ansonsten sind Synchronisation und Backups wichtig, um von unterwegs und dem Studio-Büroplatz arbeiten zu können.

Lass uns nochmal auf Deine Arbeit zurückkommen: Woher wusstest Du eigentlich wie viel Geld Du für Deine Fotografie nehmen kannst? Wie wusstest Du wie Du Deine Preisstruktur zu gestalten hast?

Preisgestaltung ist ein Lernprozess. Natürlich verlangt man anfangs weniger und ist unsicher. Man orientiert sich an den Preisen anderer und der MFM-Liste, vergleicht und fragt erfahrene Kollegen. Aber nach einigen Jahren im Business lernt man dazu. Nach meiner Spezialisierung auf People und Business habe ich meine eigene (etwas nerdige) Kalkulation aufgestellt, mit der ich eine faire und transparente Preisgestaltung garantieren kann.

Wie kommst Du an neue Aufträge?

An neue Aufträge komme ich hauptsächlich durch Empfehlungen. Toi toi toi darf ich behaupten, dass zufriedene Kunden gerne wieder kommen und mich auch an Partner weiterempfehlen. Einige Kunden finden mich auch über das Internet, da ich mit der Domain fotografiehamburg.de nicht ganz so verkehrt liege und man auch über gewisse Suchbegriffe z.B. Autorenportrait über mich stolpert. Ausserdem habe ich mein Portfolio gerade druckfrisch aktualisiert und präsentiere es bei Werbeagenturen und Redaktionen.

Was machst Du, um Dich und Deine Arbeit zu vermarkten? Nutzt Du auch die sozialen Medien, um (Personal) Branding zu betreiben?

Zuerst habe ich nur eine facebook Seite als Blog genutzt. Erst vor Kurzem habe ich angefangen für meinen eigenen Blog zu schreiben und Instagram zu nutzen.

Einmal im Monat versende ich einen Newsletter mit neuen Fotoprojekten. Bei allem ist mir aber wichtig die Leute nicht zuzuspammen, sondern nur über neue Serien zu informieren und ein paar Making-Ofs zu zeigen und Hintergrundgeschichten zu erzählen.

Welchen Stellenwert hat das Netzwerken für Dich als Selbstständige?

Einen sehr großen! Wie schon erwähnt, kommen die meisten Aufträge über Empfehlungen. Der Austausch mit anderen ist mir sehr wichtig, deshalb genieße ich auch den Austausch mit meinem Studiokollegen. Sich auf Veranstaltungen zu Social Media, Technik und hilfreichen Tools auszutauschen und sich von und durch andere inspirieren zu lassen, finde ich extrem wichtig.

Du selbst hast einen Stammtisch für Freiberufliche Frauen in Hamburg ins Leben gerufen? Was hat Dich dazu bewogen und wann und wo findet dieser immer statt?

Stimmt. Natürlich habe ich immer wieder in Teams gearbeitet und das auch über Jahre hinweg (unter anderem als Studioleitung des 2nd floor Mietstudios). Dennoch wünsche ich mir mehr Austausch. Mich störte die fehlende Kommunikation und die Ellenbogendevise, die viele Selbstständige pflegten, anstatt sich gegenseitig Tipps zu geben.

Das wollte ich ändern und habe im Dezember 2012 den Stammtisch ins Leben gerufen. Wir treffen uns jeden ersten Dienstag im Monat zum Gedankenaustausch, Unterstützen, Neuigkeitenaustausch und eventuell Zusammenarbeit oder neudeutsch „Networking“ am Holstenwall. Wer Lust und Interesse hat sich auszutauschen, ist herzlich willkommen.

Wichtig dabei zu wissen: Wir sind keine virtuelle Netzwerkgruppe, es geht uns definitiv um persönliche Treffen und aktive Mitglieder. Erwarten kann man eine unkomplizierte, bunte Mischung aus Freelancern, ohne Dresscode oder reinen Visitenkartenaustausch. Wir freuen uns immer über neue Impulse!

Beim Nächsten Mal, werde ich auf jeden Fall vorbei schauen! Lieben Dank Andrea, dass Du Dir die Zeit genommen hast, um meine neugierigen Fragen zu beantworten!

Vielen Dank liebe Sandra! Hat Spaß gemacht!

© Beitragsbild: Christian Biskup